Montag, 1. Februar 2010

Open Secrets

Es ist der Februar 1917. Die Bibliothekarin der Kleinstadt Carstairs bekommt einen Brief. Ein Soldat in Europa und früherer Bibliotheksbesucher erzählt von seinen Erinnerungen an die Bibliothek.

Über die nächsten Wochen und Monate entsteht eine regelmäßiger Austausch von Briefen, schließlich Fotos und Haarlocken. Bald ist der Krieg vorbei und die Bibliothekarin erwartet sehnsüchtig die Heimkehr des inzwischen zum Geliebten gewordenen Soldaten.

Aber sie hört nichts von ihm und nach einiger Zeit entdeckt sie, dass er in Carstairs geheiratet hat. Und nicht überraschend: Erkundungen ergeben, dass er schon vor dem Krieg verlobt gewesen war.

So beginnt die Geschichte von Louisa, der Bibliothekarin von Carstairs, und auf den nächsten (nur etwa 50) Seiten wird ihr Leben (schließlich verheiratet mit Arthur Doud, dem reichen Fabrikbesitzer von Carstairs) erzählt.

Alice Munro hat insgesamt 8 solche Kurzgeschichten in ihrem Buch "Open Secrets" zusammengefasst und so unterschiedlich sie auch sein mögen (Es geht von einer Frau, die nach Australien zieht, um einem Mann zu folgen, über eine Geschichte einer UFO-Entführung bis hin zur Geschichte eines Mädchens, dass auf einem Ausflug verloren geht.) haben sie alle irgendwo die (fiktionale) Kleinstadt Carstairs in Ontario und die Lebensgeschichten der Protagonistinnen als Inhalt. Dadurch wird ein sehr tiefgehendes und atmosphärisches Bild der Lebensumstände von Frauen im ländlichen Kanada in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezeichnet.

Dieses Bild hätte ich vermutlich nie gesehen, wäre mir das Buch nicht auf dem Bibliotheksverkauf der Unibibliothek Paderborn in die Hände gefallen. Es lohnt sich also dort hinzugehen und ich bereue es, dass ich vermutlich nicht mehr allzu oft dazu eine Gelegenheit bekomme.