Sonntag, 26. April 2009

Nachlese

Die Menschen in Island hoffen, dass alles doch nicht so schlimm wird.
Aber vielleicht wird es schlimm, und sie werden sich daran gewöhnen, das ist das eigentlich Schreckliche, sich an die Angst zu gewöhnen, an Stress, an Neid, an Angeberei, an Erwachsenenspielen.

Sie werden beginnen, Anzüge zu tragen und Schlipse, sie werden effektiv werden, und es wird ein Gefälle geben zwischen Arm und Reich, Mann und Frau, Isländern und Ausländern.

Und wenn Sie das Land dann besuchen, mit einer Touristengruppe in einer billigen Hotelkette wohnend, die ganz Island bebaut haben wird, dann werden Sie sich darüber freuen, wie billig die Reise war und wie hübsch die blaue Lagune, in der man im warmen Wasser schwimmen kann.

Die Geysire und die Pferde werden Sie bestaunen, und die Isländer, werden Sie sagen, die sind ja so ein bisschen wie wir, also wie alle. Nein, da ist mir nichts Besonderes aufgefallen.

(Ausschnitt eines Textes von Zeit online)


Wie schön wäre eine Gesellschaft, wäre man nicht dem Zwang ausgesetzt, effektiv zu sein, sondern hätte die Freiheit sich ganz seinen Interessen, exzentrischen Angewohnheiten und Neigungen hinzugeben.

Das ist eigentlich der Traum, dem ich hinterherlaufe. Eine Gesellschaft in der es nicht darum geht zu funktionieren, sondern darum sich selbst auszudrücken.

Aber natürlich ist nichteinmal ganz klar was es heißt "sich selbst auszudrücken". Und natürlich gab es auch im Island vor 3 Jahren genug Stress, Neid und Angeberei. Und natürlich könnte es sein das ich einfach an einem Peter Pan Syndrom leide.

Aber dennoch...

Donnerstag, 23. April 2009

Ein schöner Brauch

Geburstage sind da um sie zu feiern. Aber wie oft kommt es zu Stress, weil man kurz vor dem Geburstag eines guten Freundes kein Geschenk hat und auch keine Idee. Eine schöne Alternative ist es, das Geschenk erst nach (oder vor) dem eigentlichen Feiertag zu schenken: Der Stress des Geschenkebesorgens entfällt und auf der anderen Seite muss man, wenn man denn mal eine gute Idee hat, auch nicht bis zum nächsten Geburstag warten.

Zufällige Beobachtung: Gestern wollte ich mir zur Feier des Tages Pizzabrötchen kaufen und gehe dafür in unsere Stammpizzeria. Während ich warte kommt kein kleines Mädchen vorbei, will eine Pizza Magherita kaufen und legt schüchternst 2€ auf den Tresen. Eine Pizza Magherita kostet aber 2.50€. Sie hat die Pizza dann aber doch bekommen. Nett von Pizzaverkäufer, aber ich wette sie hat auch gelernt, dass es sich für Mädchen lohnt, schüchtern und süß zu spielen (sein).

Dienstag, 21. April 2009

Locke IV: (keine) angeborenen moralischen Regeln / Kritik

Custom, a greater power than Nature, seldom failing to make them worship for Divine, what she hath inured them to bow their Minds, and submit their Understandings to, it is no wonder, that grown men, either perplexed in the necessary addairs of Life, or hot in the pursuit of pleasures, should not seriously sit down to examine their own tenets; Especially when one of their principles is, that principles ought not to be questioned.

Locke ist nicht nur der Meinung, dass es keine Angeborenen Sätze (oder Wahrheiten) gibt, sondern auch, dass es keine angeborenen praktischen Prinzipien gibt. Ein praktisches Prinzip kann man dabei am ehesten mit einer moralischen Regel gleichsetzen. Lockes Argument gegen angeborene praktische Prinzipien ist, dass es kein praktisches Prinzip gibt, das in allen Gesellschaften gleichermaßen befolgt wird.

Er demonstriert das am Beispiel der Regel Parents preserve and cherish your Children. Er nennt dann einige Kulturen von 'Wilden' (z.B. meint er, das in der Karibik Wilde ihre Kinder mästen und essen würden), sowie Praktiken der antiken Römer und Griechen. Abgesehen davon, dass sich hier schön die kulturelle Prägung des britischen Empire zeigt, muss ich Locke hier insofern wiedersprechen, als das ich bestimmt Verhaltensweisen durchaus für angeboren halte. Genauer, glaube ich nicht, dass es Kulturen gibt, in denen sich Eltern wirklich überhaupt nicht um ihre Kinder sorgen, da solche Kulturen keine große Chance haben fortzubestehen. Es mag sein, dass nicht alle Kinder gleich behandelt werden (z.B. mag man sich eine Kultur vorstellen, in der nur Erstgeborene wirklich umsorgt werden) und auch mögen sich die Ideen über das was gut für Kinder ist unterscheiden (z.B. mag es Kulturen geben, die ihre Kinder durch Prüfungen abhärten wollen), aber eine Kultur muss sich in irgendeiner Weise um die eigenen Kinder kümmern. Meiner Meinung nach ist dieses Verhalten zumindest teilweise evolutionär bedingt (man beobachtet es ja auch bei anderen Säugetieren) und Teil unserer angeborenen Verhaltensweisen.

Ich gebe Locke aber in der Hinsicht recht, dass die meisten ethischen Regeln nicht angeboren sind, sondern durch den Einsatz des Verstandes, ausgehend von Grundannahmen, gefolgert werden müssen, oder aber alternativ auf Grundlage von Gewohnheit und Glauben angenommen werden. Deswegen finde ich auch den oben zitierten Satz so schön: Er drückt aus, dass es den meisten Menschen nicht um den Gebrauch ihres Verstandes geht, sondern dass sie sich mehr oder weniger blind ihren Gewohnheiten ergeben.

Montag, 20. April 2009

Stundenplan

Wieder einmal steht die Arbeit der Lektüre von Locke im Weg. Deswegen werde ich hier über meine Arbeit sprechen, genauer: Über meinen Stundenplan. Meine Veranstaltungen dieses Semester sind:

Randomisierte Algorithmen

Eine Vorlesung für das Studium Generale, auf die ich mich sehr freue. Ich habe bis jetzt nur wenig formal mit randomisierten Algorithmen zu tun gehabt, wurde aber immer wieder auf die Nützlichkeit des Zufalls in bestimmten Situationen (gerade zum Aufbrechen von Symmetrie) aufmerksam gemacht. Ich hoffe durch diese Vorlesung kann ich das auf eine vernünftige theoretische Basis stellen.

Seminar: User Centred Design

Usability Engineering aus Psychologensicht. Das Seminar wird vom c-Lab angeboten und ich habe den ersten Termin leider verpasst. Ich hoffe darauf, dass im Seminar empirische Studien vorgestellt werden anstelle von reinen Designideen. Da das c-Lab aber sehr praxisorientiert ist, denke ich, dass es gute Chancen dafür gibt.

Seminar: Erkenntnis und Wahrnehmung im britischen Empirismus

Locke, Baby! Zudem scheint der Dozent vernünftig zu sein und ich werde für den Leistungsnachweis nicht allzuviel tun müssen (ein Referat über die Biographie Lockes, auf das ich mich sehr freue, da ich bis jetzt noch nicht allzuviel zu seinem Hintergrund gelesen habe). Leider wird dort nicht das Orginal des Essays gelesen, sondern eine deutsche Übersetzung der französischen Ausgabe (oder so). Jedenfalls sind die Kapitelnummerierungen dort anders als bei mir.

Seminar: Handlungen

Ein philosophisch / psychologisches Forschungsseminar, das nach einer entäuschenden ersten Sitzung gerade gute Chancen hat gegen das konkretere Seminar zu Fahrerassistenzsystemen rauszufliegen. Allein der Versuch der Definition des Begriffs Handlungen zu Beginn war meiner Meinung nach schon etwas konfus.

Seminar: Algorithmen für sichere verteilte Systeme

Die Veranstaltung, die das Potential hat, mir am meisten Spaß zu machen. Ich werde mich mit verschiedenen Möglichkeiten, SPAM zu entdecken und zu bekämpfen, beschäftigen. Wenn ich Glück habe, kann ich über die TREC und CEAS SPAM Challenges reden, was mir eine Entschuldigung gibt, mehr über Support Vector Machines, logistische Regression und konkrete Anwendung des maschinellen Lernens zu lernen.

Freitag, 17. April 2009

Locke III: Drei Argumente gegen angeborene Ideen

Die ersten Kapitel des Essays sind gelesen und ich möchte die Gelegenheit nutzen, Lockes Argumente gegen angeborene Ideen vorzustellen. Locke nimmt dabei die Argumente der Befürworter angeborener Ideen und wiederlegt sie.


1. Argument: Es gibt Wahrheiten, die alle Menschen kennen, dies sind angeborene Ideen.

Lockes Antwort:
Es gibt kein gemeinsames Wissen, das von allen Menschen geteilt wird. Selbst wenn man eine so offensichtliche Wahrheit wie

"Es ist unmöglich, dass ein Ding ist und gleichzeitig nicht ist"

betrachtet, so stellt man fest, dass es viele Menschen gibt, die diese Aussage nicht kennen. Insbesondere kleine Kinder würden der Aussage nicht ohne weiteres zustimmen, da sie mit derart allgemeinen Aussagen nicht vertraut sind. (Die Erfahrungswelt der Kinder erstreckt sich nur auf konkrete Dinge und die Verallgemeinerung zum Ding an sich ist noch bedeutungslos)


2. Argument: Es gibt Aussagen, die von allen Menschen anerkannt werden, sobald sie ihren Verstand benutzen können. Diese Aussagen sind angeboren.

Lockes Antwort:
Dieses Argument versucht Lockes Gegenargument zum 1. Argument zu umgehen, da Kinder noch nicht unbedingt ihren Verstand benutzen können. Es ist allerdings unscharf formuliert.

1. Fall
Gemeint ist: Es gibt Aussagen, die von allen Menschen durch Benutzung ihres Verstandes erkannt werden. Diese Aussagen sind angeboren.

Dann gilt aber, das alle Aussagen, die allein durch Benutzung unseres Verstandes entdeckt werden können, angeboren sind. (Unter anderem sind dann sämtliche mathematische Theoreme angeboren)
Dies ist aber ein Wiederspruch: Der Verstand ist gerade ein Werkzeug des Geistes um unbekanntes aus bekanntem abzuleiten. Es kann nicht angeboren sein, was durch den Verstand entdeckt werden muss.

2. Fall
Gemeint ist:
Es gibt Aussagen, die von allen Menschen zu dem Zeitpunkt erkannt werden, zu dem sie ihren Verstand erlangen. Diese Aussagen sind angeboren.

Allerdings ist auch diese Interpretation falsch, da zum einen der spezifische Zeitpunkt an dem eine Aussage erkannt wird keinerlei Begründung dafür ist, dass diese angeboren ist (zumal die Benutzung des Verstandes nichts mit der Angeborenheit der Aussage zu tun haben kann) und zum anderen gerade allgemeine Aussagen wie

"Es ist unmöglich, dass ein Ding ist und gleichzeitig nicht ist"

oft deutlich nach dem Entstehen des Verstandes von Menschen erkannt werden. (Nämlich dann, wenn sie genügend Erfahrung gesammelt haben um solch allgemeine Aussagen zu verstehen).


3. Argument: Es gibt Aussagen, die von allen Menschen anerkannt werden, sobald sie die Begriffe in den Aussagen verstehen und sie die Aussage hören. Diese Aussagen sind angeboren.

Lockes Antwort:
Locke gibt hier mehrere Gegenargumente an, von denen ich das wiedergebe, welches ich am schönsten fand, da es stark einem Wiederspruchsbeweis ähnelt.

Nimmt man an dass das Argument korrekt ist, so ist das Wissen über alle Aussagen der Form

"Idee A ist nicht Idee B."

angeboren, da sie selbstverständlich sind.
Das bedeutet aber auch, dass die Ideen A,B angeboren seien müssen (ohne Wissen über die Ideen ist die Aussage gegenstandslos) und damit alle Ideen angeboren sind.
Gerade Ideen wie z.B. über Farbe und Form sind jedoch gerade nicht angeboren sondern werden durch die Sinne erfahren. Wir haben also einen Wiederspruch.

Mittwoch, 15. April 2009

Viele Kleinigkeiten

Das Semester hat begonnen und neben den ersten Vorlesungen fordert auch die Projektgruppe wieder eine ganze Menge Arbeit. Ich bin gestern also nicht dazu gekommen Locke tatsächlich anzufangen und habe auch heute nur das Vorwort -The Epistel to the Reader- gelesen. Diese bietet zwar keine neuen philosophischen Ideen, ist dafür aber in einem herrlichen alt-englischen Stil geschrieben: Locke erläutert den Ursprung des Essays und entschuldigt sich in bester britischer Art für alle möglicherweise vorhandenen Fehler im Text (z.B. dafür, dass Dinge fehlen, oder das der Text zu ausführlich ist, ...).

Daneben habe ich heute morgen mit der Wohnungssuche in München begonnen und auf diversen Seiten nach Angeboten gesucht und welche aufgebeben: München ist ein teures Pflaster und ich erwarte eine Miete von etwa 500 Euro im Monat für ein kleines Zimmer. Aber es ist ja nur für drei Monate und ich verdiene ja auch etwas.

Für einige Leser wird auch von Interesse sein, dass ich von Dirk ein Buch über die Programmiersprache Scala bekommen habe, das nun ebenfalls auf meiner Leseliste steht. (Das Lernen von Scala wird nach dem Abschluss des Stanford Machine Learning Kurses mein nächstes größeres 'privates' Informatikprojekt werden) Ich hatte schonmal die pdf Version des Buches und kann nur wiederholen, dass Scala als High-Level Sprache einen sehr guten Eindruck macht. Unter anderem die nahtlose Integration von Javabibliotheken und die Kombination von objektorientierter mit funktionaler Programmierung interessieren mich. Allerdings soll die Performance von Scala etwa der von Java entsprechen, also im Vergleich zu C/C++ eher schlecht sein. (Kein Wunder, wenn die Java Bibliotheken über Scala mitbenutzt werden können)

Montag, 13. April 2009

Locke II: Hintergrund

Wenn man jemanden verstehen will ist es oft gut, seinen Kontext und seinen geschichtlichen Hintergrund zu verstehen. Man erkennt dann besser, welche Ideen für seine Zeit neu waren und welche bereits (vielleicht fälschlicherweise) allgemeint anerkannt waren. Ich werde also in Zukunft hier meine Beiträge zu Lockes Philosophie mit einigen Beiträgen über seinen Hintergrund und Kontext mischen.

Locke wurde 1632 geboren, von 1652 bis zu seinem Ausschluß 1675 war er Student im Christ Church College in Oxford (mehr dazu in einem späteren Blogeintrag). Er studierte dort vor allem Medizin.

Wichtig für seine Philosophie war seine Bekanntschaft mit Shaftesbury, den er wegen einer Lebererkrankung behandelte und dessen persönlicher Assistent er wurde. Von 1667 bis 1675 lebte er fast ausschließlich bei Shaftesbury. Hier liegt wohl auch der Ursprung seiner Ansichten: Zusammen mit Shaftesbury trat er für die religöse Toleration ein. Die Ziele waren allerdings deutlich moderater als das, was wir uns unter dem Begriff vorstellen würden:

Es gibt Dinge, bei denen es ein absolutes Recht auf Toleration gibt. Dies sind Dinge die bloß spekulativ sind und nicht das Leben der eigenen Nachbarn beeinträchtigen oder den Staat gefährden.

Hier sieht man schon, warum er im Essay später so stark gegen den Begriff der angeborenen Ideen vorgehen wird: Angeborene Ideen stehen im Wiederspruch zu spekulativen Dingen.

Der Ursprung für das Essay selbst liegt in einem Treffen 1671, in dem religiöse und moralische Themen diskutiert wurden. In den eigentlichen Themen war kein Vorankommen zu erzielen und Locke gelangte zur Überzeugung, dass derartige Überlegungen auf die grundlage einer ausgearbeiteten Erkenntnistheorie gestellt werden sollten. Erste Entwürfe des Essays gibt es deswegen auch schon aus dieser Zeit.

1683 entschied sich Locke aufgrund politischer Wirrungen nach Holland auszuwandern. In diesem, damals sehr liberalen, Staat wurde das Essay schließlich fertiggestellt (Es wurde aber erst nach seiner Rückkehr nach England veröffentlicht).

Sonntag, 12. April 2009

Philosophie: Locke (I)

Ich habe mich in den letzten Tagen mehr oder minder intensiv mit Sekundärliteratur zum Philosophen Locke beschäftigt. (Warum Locke? Laut eines Facebook Quizzes ist er der Philosoph, der meinen Vorstellungen am nächsten kommt)

Ich denke ich bin nun im großen und ganzen bereit, mir sein Hauptwerk An Essay Concerning Human Understanding selbst vorzunehmen. Hier möchte ich mich mit dem was ich gelesen habe und dem was ich lesen werde auseinandersetzen und dazu meine eigenen Gedanken entwickeln.

Locke beschäftigt sich im Essay mit der Erkenntnistheorie, also Fragen wie "Welche Erkenntnisse sind sicher oder wahr?", "Inwieweit kann ich meinem Weltbild vertrauen?".

Locke geht dabei davon aus, dass es keine angeborenen Ideen gibt. Der Mensch ist also zur Geburt eine Tabula Rasa (daraus folgt, dass Meinungen, die als Begründung angeborene, selbstverständliche, Ideen heranziehen keine Grundlage haben). Der Mensch besitzt allerdings sehr wohl angeborene Fähigkeiten um mit Ideen umzugehen. Er kann z.B. Ideen kombinieren und miteinander in Verbindung setzen.

Locke unterscheidet demzufolge in zwei Arten von Ideen: einfache Ideen und komplexe Ideen, wobei komplexe Ideen aus einfachen Ideen hervorgehen, indem wir mittels unserer Fähigkeiten darauf operieren. Einfache Ideen erlangen wir primär durch Sinneseindrücke (oder alternativ durch das innere Beobachten unserer geistigen Operationen) denen wir durchaus Glauben schenken sollten.

Soweit die Sekundärliteratur. In den nächsten Monaten werde mich dann mit dem Essay selbst beschäftigen.

Zu meinen eigenen Gedanken bis jetzt (diese werden sich vermutlich im Prozess des Lesens noch in großen Teilen ändern):

Ich habe mal versucht die Grundlagen meiner eigenen Überzeugungen aufzustellen. Im Kern liegt dabei die Aussage:

Nehme an, dass Du nicht verrückt bist.

Ich denke, diese Aussage drückt sehr gut aus, dass man im Prinzip seinen eigenen Sinneswahrnehmungen Vertrauen schenken sollte (Es sei denn man hat gute Gründe es nicht zu tun) und genauso im Prinzip seiner eigenen Fähigkeit Konzepte logisch zu entwickeln Vertrauen schenken sollte (Wiedererum kann es gut begründetete Ausnahmen geben). Die Aussage richtet sich vor allem gegen Schmetterlingsfragen:

Bin ich Tschuang Tschou, dem träumte, ein Schmetterling zu sein, oder bin ich ein Schmetterling, dem träumte, Tschuang Tschou zu sein.

Ohne gute Gründe für das Gegenteil sollten wir also immer davon ausgehen, Tschuang Tschou zu sein.

Davon ausgehend muss man nun die Philosophie von der Psychologie absetzen und ich denke dort ist der klarste Schnitt, wenn man die Philosophie zu einer reinen Geisteswissenschaft, wie die Mathematik erklärt. Also:

Ist ein Experiment denkbar, mit dem man eine Aussage empirisch nachprüfen kann, so ist es keine philosophische Aussage.

(da aus der ersten Aussage folgt, dass wir dem empirischen Prozess im Grunde vertrauen sollten. Natürlich ist es über empirische Prozesse nur möglich, Wahrscheinlichkeiten herauszufinden, keine festen Wahrheiten)

Kommen wir zu Locke zurück. Wir können uns das Bewusstsein als umgeben von einem dicken Ring an verschiedenen äußeren Gegebenheiten vorstellen. Eindrücke von der äußeren Welt werden über Sinne aufgenommen, durch verschiedene unterbewusste Prozesse (hier würden auch soziokulturell erlernte Prozesse liegen, denen wir uns nicht bewusst sind) modifiziert und schließlich dem Bewusstsein als ein "Datenpunkt" präsentiert. Diese Datenpunkte korrespondieren mehr oder weniger zu den einfachen Ideen, die unbewusste Schale mehr oder weniger zu den (teilweise angeborenen) Fähigkeiten. In dieser Hinsicht kann man also zu Beginn des Lebens tatsächlich von einer Tabula Rasa sprechen. Zudem sind empirische Aussagen über das Gehirn immer nur Aussagen über die Schale, niemals über das Bewusstsein.

Eine Hauptaufgabe des Bewusstseins ist es nun, anhand dieser Datenpunkte zu entscheiden, welche Datenpunkte es annimmt und welche es als falsch zurückweist. Dazu ist es sinnvoll einzelne Punkte zusammenzufassen und so komplexe Konzepte zu bilden.

Dies setzt natürlich die Existenz eines freien Willens im Bewusstsein voraus. Man könnte sich theoretisch auch einen Geist vorstellen, der nur aus unbewusster Schale besteht und quasi automatisch zu seinen Entscheidungen kommt. Ein Zombie im philosophischen Sinn.
Nimmt man allerdings nun die Nichtexistenz des freien Willens an, so verliert die gesamte Philosophie (und alles andere) jegliche Bedeutung: Wir sind vorherbestimmte Automaten in einer vorherbestimmten Welt.

Deswegen kann man als philosophierender Mensch nur annehmen:

Es macht fundamental keinen Sinn, am eigenen freien Willen zu zweifeln.

Und da es keinen guten Grund gibt anzunehmen, dass man sich selbst fundamental von anderen Menschen unterscheidet, sollte man auch diesen ihren freien Willen gönnen.

Dienstag, 7. April 2009

Die Saga von Egil

Die Saga von Egil ist mein erster Ausflug in die Welt der Wikingersagen und es wird wahrscheinlich mein letzer bleiben. Zwar ist es schön, die Orte aus Island in der Wikingersaga wiederzuerkennen und es ist sehr interessant, dass die Saga zumindest in großen Teilen auch der wirklichen Geschichte entspricht, aber dennoch fällt das Fehlen vieler moderner Stilmittel negativ auf und die große Anzahl von unwichtigen Nebenpersonen, die alle mit Namen eingeführt werden, macht die Erzählung relativ unübersichtlich.

Und doch gibt es eine besonders schöne Sache in dieser Saga und das sind die Wikingergedichte und das Stilmittel des Kennings, bei dem es darum geht ein einfaches Wort blumig zu umschreiben. Das folgende Gedicht wurde z.B. von Egil gedichtet, um dagegen zu protestieren, das König Eirik ihn um das Erbe seiner Frau Asgerd betrügen will:

Sklavengeboren, sagt der Dorne Dorn,
sei meine Hornstrom Bringerin,
Önund nur seinen Eigennutz
immer in Gedanken hat.
Speerschüttler: Der Spangen Norne
zum Erbe geboren ist!
Nimm, Audis Nachfahr, klare
Eide - beeiden kann man dies!

Erklärung der Kennings:
Dorne Dorn = Baum der Spangen = Mann
Hornstrom = Strom der Hörner = Bier, Met
Bringerin des Hornstroms = Bringerin des Biers = Frau (natürlich)
Speerschüttler = König Eirik
Norne der Spangen = Frau, hier: Asgerd
Audi = früherer König
Audis Nachfahr = König Eirik


Gerade über die Kennings wird viel der Gedankenwelt der Wikinger offengelegt, da sie oft verraten wofür ein Begriff wie Bier oder Frau steht oder mit was er in Verbindung gebracht werden kann. Und dieses Wissen um die Gedankenwelt der Wikinger ist auch das, was ich aus der Saga für mich mitnehmen werde.

Montag, 6. April 2009

Reykjavik 2: Kunst

Am 2. Tag in Keflavik haben wir (in den Zeiten, in denen wir nicht auf Busse warteten, in dem Zusammenhang ist auch das Wort Scatterbrain sehr schön und passend) neben dem Kolaportið Flohmarkt (mit einer riesengroßen Auswahl an isländischen Büchern, ich muss unbedingt isländisch lesen lernen) vor allem verschiedene Kunstgallerien in Reykjavik besucht.

In Kunstgalerien darf man leider meistens keine Fotos machen. Im Hafnarhusio habe ich aber einfach mit der Regel gebrochen und ein paar Fotos der Gemälde von Erro gemacht. Gerade das Bild mit Mao vor der New Yorker Skyline fand ich sehr aufwühlend, erschreckend und auch beeindruckend. Zur Erro Game Gallerie gab es auch eine Anzahl "Bauklötze" mit denen man die dort gezeigten Bilder in der Gallerie nachbauen konnte. Eine interessante Idee, um den Besucher tiefer in die Kunst miteinzubeziehen.

Danach waren wir auch (diesmal ohne Fotos) in der Nationalgallerie. Besonders schön war ein Bild, auf dem einige unleserliche Schriftfetzen recht chaotisch angeordnet waren. Schrift, selbst unleserliche, hat immer etwas magisches, finde ich. Zu einem Zettel, den man zufällig auf der Straße findet und liest kann man sich tausend Geschichten denken. Und es macht Spaß, selber zufällige Zettel zu verteilen und sich auszumalen, was für Gedanken man dabei bei anderen Menschen auslöst.

Auch ein sehr beeindruckend war eine Bilderreihe über einen Performance-Kunst-Akt bei dem sich der Künstler als Statue verkleidet hatte und während einer Ausstellung plötzlich aufstand und ging. Die Statue weckte soviele Assoziationen (Kriegsopfer, griechischer Philosoph, Geist, Marmorstatue eines berühmten Menschen, ...) das es schade ist, nicht dabeigewesen zu sein.

Am Abend bin ich dann nach Keflavik gefahren und habe mich heute über Flugzeug und Bus wieder nach Paderborn vorgearbeitet. Ich vermisse das isländische Wetter, den Wind und die relative Kälte. Aber ich habe währenddessen Egils Sage zuende gelesen, also folgt demnächst noch ein (sogar zwei, da ich mir 101 Reykjavik am Flughafen gekauft habe) Beitrag zu Island.

Sonntag, 5. April 2009

Reykjavik 1(01): Eis Tölt

Wie die meisten unter euch wissen bin ich ein aufmerksamer Verfolger von Dressurreitwettbewerben. Wie vielleicht weniger wissen gibt es auf Island die Islandpferde (keineswegs Islandponys, auch wenn sie nur etwa deren Größe erreichen), die eine besondere Gangart beherrschen: Das sogenannte "Tölten" (ursprüngliche wurde diese Gangart von vielen europäischen Pferden beherrscht, aber mit dem Untergang des Reitens als Transportmöglichkeit ging auch das Tölten als Gangart unter).

Im Tölt ist die Fußfolge des Pferdes genau wie im Schritt hinten links, vorne links, hinten rechts, vorne rechts. Anders als im Schritt wechseln sich im Tölt jedoch Ein- und Zweibeinstützen ab (Es ist immer mindestens ein, in einigen Phasen zwei Beine auf dem Boden). Das ermöglicht zum einen sehr hohe Geschwindigkeiten (die annährend die eines gallopierenden Pferdes erreichen können) und zum anderen eine sehr hohe Stabilität für den Reiter, der kaum Erschütterungen ausgesetzt ist.

In Reykjavik gab es nun am Samstag ein Eistölt-Turnier. Wie der Name schon sagt geht es dabei darum die Pferde auf einer Eisfläche (!) möglichst elegant tölten zu lassen. Wie beim Dressurreiten werden die Durchgänge mit Noten zwischen 0.0 (sehr schlecht) und 10.0 (sehr gut) bewertet. Ina, Sontje und ich konnten also den Abend damit verbringen, die Islandmeisterschaften im Tölten zu betrachten, und die (im Großen und Ganzen) technisch hervorragende Ausführung dieser einzigartigen Gangart zu bewundern.

Ina hat sogar mit meiner Kamera ein Video gedreht, dass ihr hier findet. Beachtet vor allem, wie flüssig die Bewegungen der Pferde auf dem Eis sind, auf dem Menschen Probleme haben zu laufen. Am Ende des Videos kommt es leider zu einem technischen Fehler, da das Pferd auf dem Eis abrutscht und die Berandung berührt. Fotos vom Tölten und von einigem anderen in Reykjavik gibt es auch hier. Außerdem wurde das alte Bifröst Album mit den Fotos von unserer Wanderung zum Wasserfall aktualisiert.

Samstag, 4. April 2009

Island Tag 1: Bifröst


Während wir hier gerade unseren jeweiligen Kater auskurieren bleibt Zeit für einen Blogeintrag.

Gestern über war ich Morgens und am frühen Nachmittag (Sontje musste heute noch arbeiten) in der Umgebung von Bifröst, an einem zugeforenen See und auf einem nahen Vulkan. Ich habe auch von beidem Fotos gemacht. Gerade der Vulkan war sehr beeindruckend: Man konnte auf die Kraterwand klettern und dort oben dann um den Krater herumlaufen und hatte gute Aussichten in den Krater und auf Bifröst (auf den Fotos ist übrigens wirklich ganz Bifröst zu sehen). Es wehte eine ziemlich steife Brise und auf dem Kraterrand musste man aufpassen, nicht weggeweht zu werden... zumal der Abstieg über einen kleinen Schotterpfad (der Berghang besteht ja aus losem Lavagestein) entlangging, auf dem teilweise noch Schnee lag... interesting times... .

Am späten Nachmittag sind wir dann zu einem nahen Wasserfall und am Fluss entlang getrekkt. Fotos davon existieren, sind aber noch nicht online. Heute werden wir uns um 14:00 aufmachen und mit dem Bus nach Reykjavik fahren (leider kamen wir nicht an ein Auto, deswegen keine Geysire).

Der Name "schwarze Insel" passt ganz gut zu Island: Überall sieht man das schwarze Lavagestein (Proben sind bereits im Gepäck). Nur im Winter wird es eine weiße Insel.