Freitag, 29. Mai 2009

Über die Bedeutung von Worten

Ein wichtige philosophische Frage ist es, wie Worte zu einer Bedeutung kommen bzw. was es überhaupt für ein Wort heißt, eine Bedeutung zu haben. Es gibt hier zwei Ansätze:

In den kausalen Bedeutungstheorien vertritt man die Ansicht, dass die Bedeutung von Worten über eine (ziemlich komplexe) kausale Bedeutungskette zustande kommt. Das bedeutet, dass jeder von uns über eine kausale Verknüpfungskette lernt, welche Bedeutung z.B. das Wort Buch hat. Also was der mit dem Wort verbunde Gegenstand in der wirklichen Welt ist. Ein großes Problem der kausalen Bedeutungstheorien ist, dass sie vorhersagen, dass es exakte Synonyme in verschiedenen Spachen gibt (mein Wort Buch und das italienische Libro beziehen sich auf denselben Gegenstand in der wirklichen Welt). Es gibt aber viele Worte, die in anderen Sprachen keine exakten Synonyme haben. Als Beispiele die schönen Worte morinha und teranga aus dem keltischen / afrikanischen Kulturkreis.

In der zweiten Theorie bedeuten Worte ersteinmal nichts. Sie sind aber verknüpft mit Ideen und diese wiederum bedeuten etwas im Sinne einer Merkmalskombination. Das Wort Buch ist also mit einer Buchidee verknüpft und ich habe eine Vorstellung in der Art von:

Ein Gegenstand ist ein Buch, genau dann wenn Eigenschaften A,B,C zu treffen.

Da wir über die Idee einen Mittelsmann zwischen die Sprache und die wirkliche Welt geschaltet haben, kann man nun sagen, dass es keine exakten Synonyme gibt, weil wir unterschiedliche Ideen mit den Worten bezeichnen. Zum Beispiel bezeichnet morhina eine 'Idee des sehnsüchtigen Heimwehs angesichts eines Lebens in einem fremden Land', die wir hier (meist) nicht haben und für die wir deswegen kein Wort besitzen. Genauso sind viele unserer Ideen, z.B. die Idee des Buchs zwar ähnlich zu Ideen anderer Menschen aber nicht identisch, weswegen sich viele Worte in der Bedeutung leicht unterscheiden.

Das Problem der zweiten Theorie ist, dass sie eine genau Klassifikation von Eigenschaften zu Ideen voraussetzt. Wir erkennen ein Buch indem wir überprüfen ob ein Gegenstand die Eigenschaften A,B,C aufweist. Gibt es wirklich einen so aufgebauten Ideenbegriff?

Beim maschinellen Lernen brauchen wir einen solch klaren Begriff nicht. Man mag von einer Support Vektor Maschine sagen, dass sie die Idee einer Spam-Nachricht hat. Zudem ist die Idee einer Spam-Nachricht bei unterschiedlicher SVMs auch leicht unterschiedlich (je nach verwendeter Trainingsmenge), was (wenn man dreisterweise den Menschen einen ähnlichen Prozess der Begriffsbildung unterstellt) die Theorie stützt. Eine SVM hat aber keine klare Liste von Eigenschaften mit einer genau dann wenn Beziehung in Bezug auf die Idee der Spam-Nachricht. Stattdessen gibt es eine mathematische, kontinuierliche Funktion, die einer Reihe von kontinuierlichen oder diskreten Features A,B,C eine Art Konfidenzwert zuordnet.

Die Idee einer Spam-Nachricht einer SVM ist also inherent fuzzy mit unklaren Übergängen zu Nicht-Spam-Nachrichten und schwer zu entscheidenen Randfällen. Trotzdem kann man sagen, dass es die Idee gibt und man kann vor allem auch sagen, wie sie zustandegekommen ist: Durch die Analyse einer Menge von Beispielen der Ideen Spam und Nicht-Spam. (Und es gibt gerade nicht die von Plato geforderte ideale Spam-Nachricht als Urbild aller Spam Nachrichten)

P.S:

Der amnesty Stand gestern ist übrigens gut gelaufen: 98 Unterschriften haben wir gesammelt.
(Und ich bekam ein paar mal die Gelegenheit das Wort 'verschwundengelassen' zu benutzen)

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